Geschichte des Waldviertels

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Das Waldviertler Hochland war früh- und urgeschichtlich kaum besiedelt, da es keinen bestellbaren Boden oder ertragreiche Weiden gab. Daher ließen sich die Menschen dieser Zeit an den Unterläufen der aus dem Waldviertel kommenden Flüssen nieder.  Die bekanntesten Fundstätten aus dieser Zeit sind die Gudenushöhle in Hartstein im Kremstal, der Hundssteig bei Krems, Senftenberg im Kremstal und Willendorf in der Wachau. Den wohl bekanntesten Fund aus dieser Zeit stellt die Venus von Willendorf dar, welche eine der ältesten und bekanntesten Frauenstatuetten der Welt ist. Erst zu Beginn der Jungsteinzeit wurde zumindest der Ostteil des Waldviertels stärker bewohnt. In diesem Gebiet entstanden die ersten bäuerlichen Siedlungen. Erwähnenswert sind auch die Kreisanlagen, welche die ersten, wenn auch heidnischen Kirchen des Waldviertels waren.

In der späteren Bronzezeit wurde dann auch das Hochland des Waldviertels besiedelt.

Regionalen und wirtschaftlichen Einfluss bekam das Waldviertel durch die Eisenverhüttung und -verarbeitung der Kelten in der Eisenzeit.
Ab dem 2. Jahrhundert nach Chr. unterwarfen die Germanen die Kelten und ließen sich nieder. An der Schwelle zum Mittelalter ließen sich auch Slawen nieder, was durch zahlreiche Funde, wie slawische Gräberfelder, bewiesen ist.

Die Kolonisierung und Christianisierung durch die Babenberger begann im Jahre 1041 mit der Eroberung der Slawenfestung Thunau (heute Thaya). Doch nicht nur die Babenberger kolonisierten das Waldviertel, sondern auch die Grafen von Hardegg, die von Poigen-Rebgau und die Kuenringer durch die Gründung der Stifte Altenburg und Zwettl. Wissenswert ist auch, dass der englische König Richard Löwenherz auf der Waldviertler Burg Dürnstein gefangen gehalten wurde. Vom Lösegeld von angeblich 11,5 Tonnen Silber haben auch viele Waldviertler Burgen und Schlösser profitiert.

Im 13. Jahrhundert besiegte Rudolf von Habsburg den Böhmenkönig Ottokar, welcher sich durch eine politische Heirat das Waldviertel aneignete. Von diesem Zeitpunkt an stand das Waldviertel größtenteils unter dem Einfluss der Habsburger.
In den folgenden Jahren erlebte das Waldviertel schwere Zeiten. Es hatte mit dem Einfall der Hussiten, Räuberbanden, dem Glaubenskampf, der Türkennot und Bauernkriegen zu kämpfen.

Erst als 1648 in Münster der Friede ausgerufen wurde, begann der wirtschaftliche Aufschwung und die kulturelle Blüte dieses Viertels. In vorindustriellen Betrieben oder in Heimarbeit wurden sogenannte „Bandln“ erzeugt, welche im ganzen Lande von den sogenannten Bandlkramern verkauft wurden.
Das Zeitalter Napoleons brachte wieder Kriegs- und Hungersjahre ins Land. Erst 1815 beim Wiener Kongress, wo Europa neu geordnet wurde, kam wieder Ruhe ins Land.

Während des 1. Weltkrieges (1914 -1918) gab es in Gmünd ein Flüchtlingslager für 50.000 Personen. Nach diesem Krieg zerfiel die Donaumonarchie Österreich – Ungarn in eine Reihe von Nachfolgestaaten und einige Ortschaften um Gmünd mussten an die damalige Tschechoslowakei abgetreten werden. In Artstetten wurde das Thronfolgerpaar - Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie - beigesetzt, durch deren Ermordung in Sarajewo der 1. Weltkrieg ausgelöst wurde.
Nach dem Einmarsch Adolf Hitlers im März 1938 ließ er das Herkunftsgebiet seiner Ahnen, das Döllersheimer Ländchen, in einen Truppenübungsplatz umwandeln (heute Truppenübungsplatz Allentsteig). Das Walviertel wurde zwar vom Bombenhagel des 2. Weltkrieges (1939 – 1945) weitgehend verschont, dafür kam es nach dem Krieg durch die russische Besatzung immer wieder zu Zerstörungen und Diebstählen. Nach dem Abzug der Besatzungsmächte im Jahre 1955 begann der Wiederaufbau. Die moderne Entwicklung setzte zwar etwas langsamer ein, als in anderen Teilen unseres Landes, doch besitzt das Waldviertel ein bedeutendes Potential an Naturschönheiten und Lebensqualität und setzt mit zukunftsweisenden Umweltprojekten neue Maßstäbe.

Bevölkerungs- und wirtschaftgeographisches Kurzportrait

Seit den Siebzigerjahren werden im Waldviertel neue Wege in der Regionalpolitik beschritten. Man setzt verstärkt auf Regionalmanagement und integrative Projekte. Um jedoch Entwicklungsvorgänge besser beschreiben zu können, ist es wichtig, zuerst einige Faktoren zu kennen.

Durch die „tote Grenze“ zu Tschechien bis 1989 war es schwer, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu knüpfen und daher konnten keine interregionalen Kontakte aufgebaut werden. Weiters gab es durch die Grenzöffnung den Verlust des Standortvorteils „Billiglohn“. Viele Waldviertler Betriebe verlagerten lohnkostenintensive Produktion nach Tschechien. Durch die hohe Konkurrenz aus den östlichen Ländern im Bereich Industrie entstanden strukturelle Defizite. Das Waldviertel hatte auch mit dem Bedeutungsverlust der Landwirtschaft zu kämpfen, der durch generationsbedingte Betriebsschließungen und Unrentabilität entstanden ist. Charakteristisch für dieses Peripheriegebiet sind der Mangel an qualifizierten Arbeitsplätzen und die Abwanderung der jungen Bevölkerung. Ein weiteres Problem, mit dem das Waldviertel zu kämpfen hat, ist die innerregionale Konkurrenz der Bezirkshauptstädte Horn, Gmünd, Waidhofen an der Thaya und Zwettl. Daher gibt es kein Zentrum innerhalb des Waldviertels. Das Verkehrsnetz ist ausbaufähig, speziell die Anbindungen an Wien und St. Pölten. Allerdings stellt St. Pölten eine Herausforderung für das Waldviertel dar, da es eine junge Landeshauptstadt ist und sich vielerlei Möglichkeiten bieten.

Was die Bevölkerungsentwicklung betrifft, so hat das Waldviertel in der Nachkriegszeit bis 2001 eine dramatische Entwicklung erlebt. Die Wohnbevölkerung reduzierte sich fast bis auf die Hälfte. In den Siebzigerjahren gab es einen Geburtenrückgang, der eine Vergreisung in peripheren Gemeinden zur Folge hatte. Eine positive Entwicklung seit dem 2. Weltkrieg konnten lediglich Krems, Horn und Waidhofen aufweisen. Der Kremser Zentralraum zeigt den dynamischsten Bevölkerungsanstieg. Einen Ausdünnungsprozess müssen jedoch der Raum Allentsteig und das südliche Waldviertel hinnehmen.

Der Arbeitsmarkt im Waldviertel sieht nicht rosig aus. Strukturkrisen der Siebzigerjahre, Out-sourcing mancher Industriebereiche und die Verlagerung mancher Textilbetriebe nach Tschechien beschreiben die Situation. Waidhofen und Gmünd weisen die höchste Arbeitslosenquote mit 7,5% bzw. 5,8 % auf.

Das gesamte Waldviertel wurde für die Periode 1995-1999 als Ziel 5b Gebiet eingestuft. Daher kann die Region auf EU-Strukturfonds und Fördermittel zurückgreifen. Es können dadurch auch zahlreiche grenzüberschreitende Projekte durchgeführt werden, die durch die EU-Gemeinschaftsinitiative Interreg unterstützt werden.

Geschichte

Aus dem Pleistozän stammen die ersten nachgewiesenen Spuren des Menschen. Es sind rund 50.000 Jahre alte Werkzeuge und sonstige Hinterlassenschaften des Neandertalers, die in einer Höhle unterhalb der Ruine Hartenstein im Kremstal gefunden wurden. Zahlreiche Nachweise des eiszeitlichen Menschen liegen dann erst wieder für die Zeit der jüngeren Altsteinzeit vor. Diese sind 20.000 bis 30.000 Jahre alt. Rast- und Siedlungsplätze wurden im südlichen Randbereich des Waldviertels, in der Wachau und in angrenzenden Gebieten (am bekanntesten die Fundorte Krems, Willendorf, Aggsbach, Stratzing), im Kamptal (Gobelsburg, Kammern, Kamegg, Langenlois, Zitternberg) und im Horner Becken festgestellt. Weltberühmt sind die Menschenplastiken von Willendorf und Stratzing. Auch Nachweise der Musikausübung (Flöten von Kammern und Gudenushöhle, jüngere Schichte) sind gefunden worden. Ein eigenes Kapitel sind die zahlreichen Fundstellen des Plateaulehmpaläolithikums in der Thayagegend, hauptsächlich im Land um Drosendorf, deren nähere Datierung innerhalb des Paläolithikums noch umstritten ist.

Spärlich dokumentiert ist derzeit noch der Übergangshorizont zum Neolithikum, das sogenannte Mesolithikum, das durch Fundstellen in Limberg, Kamegg, Horn, Mühlfeld und Rosenburg bekannt geworden ist. Die im 6. Jahrtausend einsetzende bäuerliche Lebensweise („Neolithische Revolution“) ist vor allem im Horner Becken, aber auch um Eggenburg und Weitersfeld durch zahlreiche Siedlungen der ältesten Linearbandkeramik vertreten. Es folgen in denselben Räumen Siedlungsnachweise der Notenkopfkeramik, der Stichbandkeramik, der Bemaltkeramik (Lengyel-Kultur) und endneolithische Erscheinungen (wie Schnurkeramik und Glockenbecherkultur etc.). Das Altneolithikum des Waldviertels ist durch seine zahlreichen anthropomorphen und auch zoomorphen Plastiken (Idole) besonders geprägt. Die um etwa 2000 v. Chr. einsetzende Bronzezeit ist sowohl für die frühen, mittleren als auch späten Abschnitte nachgewiesen (Aunjetitz-, Veterovkultur, Hügelgräberbronzezeit, Urnenfelderkulturen). Bedeutende Siedlungen und Hügelgräber kennt man z. B. von Roggendorf bei Eggenburg, Kamegg, Baierdorf und Theras. Ab etwa 750 v. Chr. ist die Hallstattkultur belegt. Große Siedlungen und Gräberfelder (Gars/Kamp, Maiersch) stammen aus diesem Zeithorizont. Die nachfolgende Latènezeit (späte Eisenzeit) kennt man bereits durch zahlreiche Siedlungen der Frühphase (Typus Kamegg-Poigen-Maiersch). Die Spätphase ist durch Siedlungen, die auch befestigt sein können (Altenburg, Umlaufberg), in Weitersfeld, Oberthürnau, Obermixnitz und Mühlbach am Manhartsberg vertreten.

Ein Grabfund aus Horn zeigt die Ausrüstung des keltischen Kriegers (Lanze, Schwert, Schild). Die Einverleibung der süddanubischen Gebiete in das Reich der Römer mit 15 v. Chr. brachte für die nördlich der Donau gelegenen Gebiete vorerst keine Veränderungen. Im heutigen Waldviertel lebten die Kelten ungestört weiter. Erst die im Laufe des ersten nachchristlichen Jahrhunderts einwandernden Germanen veränderten die kulturelle Landschaft. Ab dem zweiten Jahrhundert siedelten im östlichen Randbereich des Waldviertels Markomannen. Große Siedlungen sind von Horn, Maiersch und Straning bekannt. An geeigneten Orten, wo Raseneisenerz oder Magnetit ansteht, wurden – wie bereits vorher von den Kelten – ausgedehnte Eisenverhüttungsanlagen errichtet. Die größte Anlage erstreckt sich beidseits der Taffa in der Katastralgemeinde Strögen. Mit dem Zusammenbruch der römischen militärischen Ordnung im südlichen Niederösterreich erfolgte eine Veränderung des gesamten Siedlungsraumes. Von den zahlreichen germanischen Stämmen, die Niederösterreich durchzogen, ist im Waldviertel bisher nur wenig gefunden worden.

Es gibt gotische und langobardische Gräber, die meist nur dürftig ausgestattet sind. Nach dem Abzug der Langobarden Mitte des 6. Jahrhunderts nach Italien rückten in Niederösterreich awarische reiternomadische Bevölkerungsgruppen ein. Einige Gräber und Einzelfunde sind dafür auch aus dem Waldviertel bekannt. Die in der Folge einwandernden slawischen Menschengruppen sind etwa ab dem 8. Jahrhundert im Waldviertel spärlich nachweisbar. Im 9. und 10. Jahrhundert gibt es bereits größere slawische Siedlungen und auch befestigte Anlagen, wie die „Schanze“ oberhalb von Thunau am Kamp. Im 11. Jahrhundert wurde das Waldviertel in den planmäßigen Landesausbau einbezogen. Die Rodung des Urwaldes (silva nortica) erschloss neue Siedlungsräume. Es entstanden die ältesten Burganlagen in der Nähe der Dörfer.

Die urzeitliche Besiedlung umfasste hauptsächlich nur die östlichen und südlichen Randgebiete des Waldviertels (Manhartsberggebiet, Bereich der Thaya und Randbereiche des Donautales). Das „Hohe Waldviertel“ war anscheinend nahezu unbesiedelt. Es gibt kaum Anhaltspunkte für Siedlungsplätze und auch nur wenige Einzelfunde in den Bezirken Gmünd und Zwettl.

Die gute Kenntnis der urzeitlichen Besiedlung bzw. der gute Forschungsstand ist der Lokalforschung zu verdanken, die 1837 mit Candidus Ponz, Reichsritter von Engelshofen begann und über Johann Krahuletz, Josef Höbarth, Franz Xaver Kießling, Raimund Bauer, Theobald Wolf, Robert Kammerzell, Friedrich Berg, Ingo Prihoda, Alois Gulder und Hermann Maurer bis in die Gegenwart reicht. Mit der Erforschung des Waldviertels beschäftigt sich auch der Geschichtsverein Waldviertler Heimatbund, der seit 1952 die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift „Das Waldviertel“ und Waldviertel-Bücher in einer Schriftenreihe herausbringt.

Siedlungsgeschichtliche Gegebenheiten des Waldviertels

Man kann davon ausgehen, dass das Waldviertel bereits im Paläolithikum besiedelt wurde. Eine dichte Besiedelung des Gebietes wird aber erst im Neolithikum vermutet. Dazu gibt es vor allem im Horner und Eggenburger Becken eine ganze Menge neolithischer Fundstellen. Besonders in diesem Gebiet und entlang der Donau konnte man ebenfalls eine ganze Menge an Funden aus der Bronzezeit verzeichnen. Auch bei der Betrachtung der späteren Eisenzeiten wird bekannt, dass der Ostrand des Waldviertels verhältnismäßig dicht besiedelt war, parallel dazu aber der innere Teil kaum zur Besiedelung genutzt wurde. Von der römischen Zeit werden erstmals Indizien gefunden, welche auf eine Besiedelung des inneren Waldviertels schließen lassen. Es konnten römische Münzen in den Gebieten Allentsteig, Weitra und Neu Pölla gefunden werden. Jedoch wird hier nicht eine Besiedelung durch die Römer angenommen, sondern ist eine Besiedelung durch eine übriggebliebene illyrisch-keltische Mischbevölkerung sehr wahrscheinlich. Untermauert wird diese Theorie dadurch, dass doch einige Namen illyrischen oder keltischen Ursprungs sind. Die Römer drangen zur Zeit ihrer größten Macht bis an die Donau vor und dürften mit der keltisch-illyrischen Bevölkerung Handelsbeziehungen aufgebaut haben. Während die Römer in das angrenzende Weinviertel eindrangen, kam es im Waldviertel zu keinem Vorstoß. Mit dem Zusammenbruch des römischen Reiches kam es zu mehreren Einbrüchen von germanischen Völkern im Waldviertel. Im 6.Jahrhundert drangen die Bayern in das Waldviertel ein. Ebenfalls slawische Gruppen stießen zu dieser Zeit in das noch spärlich besiedelte Waldviertel ein. Mit dieser Zeit begann eine erste Urbanisation dieses Gebietes. Natürlich beschränkte sich die Verstädterung anfangs auf die belebte und wirtschaftlich interessante Donaulinie. Doch im 10. und 11. Jahrhundert kam es langsam zu einer angehenden Binnenkolonisation, welche ein ausgedehntes Roden der weitausgedehnten Wälder zufolge hatte, um einen möglichen Lebensraum zu schaffen. Ab dem 11. Jahrhundert begann also die wirkliche Entwicklung dieses Gebietes. Die meisten Stadt-, Fluss- und Talnamen entwickeln sich in dieser Zeit. Ein Großteil davon ist slawischen Ursprungs aber auch keltisch-illyrische Namensstämme sind des öfteren zu finden.

Als Beleg für eine illyrische Namensentwicklung ist die Thaya. Ausgegangen wird von der indogermanischen Wurzel „dhu“ = toben. Die illyrische Weiterbildung war „Dujas“= rauschender Fluß. Später entwickelte sich nun der tschechische Name „Dyje“ in „Tiahe“ und später zu Thaya.

Von 623 Ortsnamen im Waldviertel können 86 mit ziemlicher Sicherheit als slawisch identifiziert werden. Das entspricht in etwa 14% der gesamten Ortsnamen. Auffällig ist, dass die Orte mit slawischen Wurzeln früher in Urkunden erwähnt werden als Orte mit deutschem Ursprung. Daraus ergibt sich der Schluss, dass es sich um eine ältere slawische Besiedelung handelt, der später eine deutsche Kolonisation folgte.

Ein Beispiel für einen Slawisch-stämmigen Stadtnamen ist Zwettl. Zwettl dürfte aus dem slawischen Wort „Svetla dolina“ = lichtes Tal hervorgegangen sein.

Ein weiteres Beispiel ist die nordwestliche Waldviertelstadt Schrems. Sie erhielt ihren Namen wahrscheinlich vom slawischen Wort „Skremel“ = Kiesel.

Zur Geschichte des Waldviertels im 20. Jahrhundert

Während des 1. Weltkrieges (1914 -1918) gab es in Gmünd ein Flüchtlingslager für 50.000 Personen. Nach diesem Krieg zerfiel die Donaumoarchie Österreich – Ungarn in eine Reihe von Nachfolgestaaten und einige Ortschaften um Gmünd mussten an die damalige Tschechoslowakei abgetreten werden.

Mit der Errichtung des Truppenübungsplatzes Allentsteig durch die Deutsche Wehrmacht 1938 verlor der Ort sein wirtschaftliches Hinterland, was auch durch den Sitz der Militärverwaltung und die Errichtung einer Kaserne nicht wettgemacht werden konnte. Die Anlage des Übungsplatzes Döllersheim, die man früher mit der Abstammung von Hitlers Vater aus dem Dorf Strones bei Döllersheim in Zusammenhang gebracht hat, erfolgte wohl eher aus wirtschaftlichen und militärstrategischen Überlegungen. Von 1938 bis 1942 wurden 50 Dörfer und ca. 7000 Menschen entsiedelt. Während des Zweiten Weltkrieges diente das Gebiet zur Vorbereitung tausender Soldaten auf den Kriegseinsatz.

Das Walviertel wurde zwar vom Bombenhagel des 2. Weltkrieges (1939 – 1945) weitgehend verschont, dafür kam es nach dem Krieg durch die russische Besatzung immer wieder zu Zerstörungen und Diebstählen. Nach dem Abzug der Besatzungsmächte im Jahre 1955 begann der Wiederaufbau.

Die Nachkriegszeit war gekennzeichnet durch eine Bevölkerungsabnahme, obwohl im restlichen Gebiet des Bundeslandes Niederösterreich es eine Bevölkerungszunahme gab. Vor allem durch die Nähe zur CSSR.

Eine entscheidende Komponente der Bevölkerungsentwicklung war somit die Abwanderung. Die Gründe für die Abwanderung lagen in der schlechten wirtschaftlichen Situation des Gebietes. Die Abwanderung, vor allem in den Raum Wien, veränderte auch die Altersstruktur.

Die moderne Entwicklung setzte zwar etwas langsamer ein, als in anderen Teilen des Landes, doch besitzt das Waldviertel ein bedeutendes Potential an Naturschönheiten und Lebensqualität und setzt mit zukunftsweisenden Umweltprojekten neue Maßstäbe.

Seit 1982 besteht das Waldviertel Management, die erste Regionalentwicklungsagentur Österreichs überhaupt. Seit dem EU – Beitritt Österreichs profitierte das Waldviertel vor allem von der Absicht der EU periphere, strukturschwache Regionen zu fördern.

Statistik:

  • Das Waldviertel ist flächenmäßig doppelt so groß wie das Bundesland      Vorarlberg, hat aber um 80 000 Einwohner weniger als Vorarlberg.  Die mittlere Dichte beträgt 48 Einwohner pro km² – in Niederösterreich sind es 77, in Österreich 94 Einwohner pro km².
  • 1890 lebten 23% der niederösterreichischen Bevölkerung im Waldviertel, 1991 waren es nur mehr 16%. Der Bezirk Waidhofen hat seit 1869 29% seiner Bevölkerung verloren.
  • Bis ins 18. Jahrhundert war vor allem das nordwestliche Waldviertel eine Agrarregion mit stark ausgebildetem Heimgewerbe im Textilsektor gewesen.
  • Mit der Industrialisierung Niederösterreichs änderten sich die Voraussetzungen.  Von den traditionellen Standortfaktoren her konnte das Waldviertel wenig      bieten. Die Großräume Wien mit dem Wiener Becken  sowie Prag mit dem      Böhmischen Becken entwickelten sich zu den bedeutendsten Industrieräumen      der Monarchie Österreich – Ungarn, die Gebiete dazwischen aber wurden in      ihrer Entwicklung gehemmt. Es begann die Abwanderung aus dem Waldviertel      vor allem in die großen Industriegebiete wie Wien. Es kam zu einer Peripherisierung  mit einer relativen Verarmung des Waldviertels.
  • Der „Kalte Krieg“  mit dem Eisernen Vorhang machte an der Nordgrenze das Waldviertel zu einer „Endstation Europas“.
  • Der Eiserne Vorhang, der über 40 Jahre das Waldviertel von Südböhmen und Südmähren abgetrennt hatte, wurde 1989 abgebaut. Die Grenzöffnung bescherte 1990 dem Waldviertler Handel ein Rekordjahr, besonders für den Elektrogerätezweig. Bald kamen tschechische Arbeitskräfte in die Region. Doch nach einigen Jahren begnügten sich einige Waldviertler Betriebe nicht mehr mit tschechischen Arbeitskräften, sondern verlagerten die gesamte Produktion nach Tschechien. Im Waldviertel wurden Betriebe geschlossen, was die nachbarschaftlichen Beziehungen belastete.

Wirtschaft:

  • Das Waldviertel ist von jeher ein strukturschwaches Landwirtschaftsgebiet. Neben der Landwirtschaft entstand hier sehr zeitig eine Textilindustrie, die sich aus den zahlreichen Kleinwebereien entwickelte. Auf vielen Bauernhöfen stand vorher ein Webstuhl, auf dem die Schafwolle des eigenen Hofes verarbeitet wurde. Speziell Bandwebereien und Flechtereien entstanden hier, die dem Waldviertel auch den Beinamen Bandlkramerland gaben. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das Waldviertel durch den Eisernen Vorhang stark benachteiligt. Erst durch die Öffnung kann das Waldviertel durch das neue Hinterland ein kleinwenig wirtschaftlich aufholen.
  • Im Raum Karlstein an der Thaya hatte sich eine Uhrenindustrie gebildet, man nennt diese Region auch „Horologenland“. Österreichs einzige Uhrmacherfachschule ist hier situiert.
  • Im Jahre 1984 wurde die Waldviertler Schuhwerkstatt in Schrems von Sozialminister Alfred Dallinger ins Leben gerufen. Es war ein Projekt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ist inzwischen ein international agierender Betrieb. 2009 kaufte die Schuhwerkstatt eine Lagerhalle der insolventen Ergee.
  • Durch den Holzreichtum einerseits und den vorhandenen Quarz (oder Kies, wie er hier bezeichnet wird) entstanden aber auch zahlreiche Glashütten, von der sich einige Manufakturen bis heute erhalten haben und sowohl einen wirtschaftlichen als auch einen kulturellen Faktor spielen. Sie sind im Verein Glaskunst Waldviertel organisiert, der auch Museen betreibt.
  • Durch den Rückgang der Landwirtschaft ist die Waldfläche in der Zunahme begriffen. In der ursprünglich textilen Region des Waldviertels sind überhaupt nur mehr wenige Textilbetriebe übrig geblieben; zu den größten gehören die Firma “Herka Frottier” in Kautzen und die Firma „Framsohn Frottier“ in Heidenreichstein.
  • Im Tourismus setzt man vornehmlich auf sanften Tourismus und Wellnesstourismus wie im Moorbad Harbach, im Sole-Felsen Bad in Gmünd oder im Dunglzentrum in Gars am Kamp. Im Unterschied zu anderen Regionen Niederösterreichs hatte das Waldviertel in den vergangenen Jahren einen permanenten Zuwachs im Bereich der Tourismuswirtschaft zu verzeichnen. Allein 2009 stieg die Anzahl der Nächtigungen im Vergleich zum Vorjahr um über 7 Prozent.
  • Viele landwirtschaftliche Produkte, wie der Waldviertler Graumohn und daraus hergestellte Artikel, werden vermarktet – zum Beispiel im „Mohndorf“ Armschlag. Die Landwirtschaft setzt sehr stark auf Direktvermarktung (Abhof-Verkauf) in den Wiener Bereich. Auch die Fischzucht in vielen Fischteichen, die massiv zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia angelegt wurden, um die immer wieder auftretenden Lebensmittelknappheiten auszugleichen, ist ein Nischenprodukt. Alljährlich zu Weihnachten werden viele Karpfen, vor allem für den Wiener Markt, abgefischt.
  • Im nördlichen Waldviertel gibt es den Versuch einer eigenen Regionalwährung, der Waldviertler Regional wird in etwa 200 Unternehmen akzeptiert

Durch den Holzreichtum entstanden zahlreiche Glaserzeugungen, wodurch der Waldbestand stark reduziert wurde. Dieser hat sich aber durch den Wechsel zu anderen Energieträgern wieder erholt. Durch den Rückgang der Landwirtschaft ist die Waldfläche sogar in der Zunahme begriffen.

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